Wenn von starken Stürmen die Rede ist, denken viele Menschen an die Herbst- und Winterzeit, wenn Orkantiefs vom Atlantik kommend Kurs auf Europa nehmen. Andere assoziieren damit die großen Sturmwirbel, die über warmen Wasserflächen entstehen und im Pazifik Taifune, im Atlantik Hurrikans genannt werden. Doch die stärksten im Bereich der Erdoberfläche gemessenen Stürme mit Windgeschwindigkeiten an die 500 Kmh, werden durch relativ kleinräumige Wirbel ausgelöst, die heute als Tornados allgemein bekannt sind.
Nur noch selten werden die Begriffe Wind- oder Wasserhose genutzt, auch die Bezeichnung als Großtrombe gilt mittlerweile als veraltet. Für Alfred Wegener, den Meteorologen und Physiker und späteren Entdecker der Plattentektonik, waren diese Begriffe aber noch selbstverständlich, als er 1917 als erster Wissenschaftler in Europa eine Abhandlung darüber veröffentlichte.
Entstehung von Tornados
Klar war auch in jener Zeit schon die Unterscheidung von den als Kleintromben beschriebenen Staubteufeln, die sich über erhitztem Boden in den Sommermonaten bilden können und nur selten eine Höhe von mehr als hundert Meter erreichen. Großtromben bzw. Tornados entstehen dagegen in mächtigen Quellwolken und wachsen von deren Unterseite in Richtung Erdoberfläche.
Einige Faktoren sind dabei von entscheidender Bedeutung: Zum einen muss die Luftmasse, in der ein Tornado entsteht, über ausreichend Feuchtigkeit verfügen. Zum zweiten muss die Temperatur mit der Höhe deutlich sinken und zum dritten muss das Aufsteigen der Luft, die Konvektion, ausgelöst werden. Dies kann durch kräftiger Sonneneinstrahlung vom Boden her geschehen oder auch durch das Vordringen einer Kaltfront.
Sind diese Bedingungen erfüllt, dann wird der gasförmige Wasserdampf in der Luftmasse zum entscheidenden Energielieferanten. Beim Aufsteigen kühlt sich die Luft ab, kann weniger gasförmigen Wasserdampf speichern und bei der Kondensation des überschüssigen Anteils wird Wärme freigesetzt. Die wiederum sorgt dafür, dass die Luft weiterhin wärmer ist als ihre Umgebung, was den Aufstiegsprozess unablässig antreibt und die Quellwolke in immer größere Höhen wachsen lässt – ein Gewitter entsteht.
Einfluss der Windscherung
Damit daraus ein Tornado wird, kommt als entscheidender Faktor noch die Änderung der Windrichtung und Windstärke mit der Höhe hinzu. Dieses, als Windscherung bezeichnete Phänomen, versetzt den in der Mitte der Quellwolke existierenden Aufwind, in dem die Wolkenkondensation abläuft, in Rotation.
Der so entstandene Aufwindstrudel benötigt im unteren Bereich einen permanenten Luftnachschub, da sich in ihm ja ständig Luft nach oben bewegt. Dabei spielt der Wind eine entscheidende Rolle. Diese Luft fließt aus dem Bereich zwischen Wolkenuntergrenze und Erdboden zum Aufwindstrudel hin, wo sie in die Höhe gerissen wird. Da die Luft in Bodennähe aber durch Reibung am raschen Nachfließen gehindert wird, nimmt der Sog des Aufwinds immer mehr zu. Er wächst von der Wolkenuntergrenze in Richtung Erdboden, wird dabei in die Länge gezogen und schmaler, was die Rotationsgeschwindigkeit wie bei einer Eislaufpirouette enorm erhöht.
Nicht immer ist dieser Wolkenrüssel, der wie ein gigantischer Staubsauger über Land fegt, sogleich sichtbar. Erst wenn der starke Unterdruck in seinem Inneren für Kondensation sorgt, machen Wassertröpfchen den Tornadoschlauch sichtbar; sobald er Bodenkontakt hat, sorgt dafür auch aufgewirbelter Staub und emporgerissenes Material.
Tornados: Lebensdauer und Zerstörungskraft
Die Lebensdauer eines solchen Tornados schwankt zwischen wenigen Minuten bis zu einer Stunde, auch der Durchmesser kann von wenigen Metern bis hin zu einem Kilometer reichen. Die Zerstörungskraft eines Tornados ist gewaltig, selbst gemauerte Gebäude werden oft in Mitleidenschaft gezogen und viele Schäden verursachen auch die umhergewirbelten Teile. Anhand der Schäden werden Tornados auch in Stärken unterteilt, da eine direkte Messung der Windgeschwindigkeit meist nicht möglich ist. Die erst vor kurzem überarbeitete Fujita-Skala (1971 von Theodore Fujita entwickelt) unterscheidet Stärken von F0 bis F5, wobei die verheerenden Stärken F4 und F5 nur von etwa einem Prozent aller Tornados erreicht werden.
Am häufigsten treten Tornados im Frühjahr Mittleren Westen der USA auf, da hier die Bedingungen für ihre Entstehung durch das von keinem Gebirge gebremsten direkten Aufeinandertreffen von trocken-kalter Luft aus dem Norden und feucht-heißer Luft aus dem Süden am Besten sind. So sind die USA auch die Heimat der Stormchaser und Spotter, deren große Leidenschaft das Entdecken, Verfolgen und Filmen von Tornados ist. Da deren Organisationen viel zur Vorwarnung der Bevölkerung vor solchen Wetterextremen beitragen, haben sich mittlerweile auch in Deutschland, in dem jährlich ca. 30 bis 60 meist leichte Tornados beobachtet werden, Sturmjäger zum Verein „Skywarn“ zusammengeschlossen.