Die Launenhaftigkeit des Aprilwetters ist allgemein bekannt und hat sich auch in vielen Sprichwörtern niedergeschlagen. Das geht sogar soweit, dass auch in anderen Monaten der rasche Wechsel von starker Bewölkung, Sonnenschein und schnell aufeinander folgenden Schauern gerne als „typisches Aprilwetter“ bezeichnet wird.
Dabei hat der April noch eine weit buntere Palette an Wetterkapriolen zu bieten, wie er auch in diesem Jahr wieder zeigt: Von anhaltendem Schneefall bei Temperaturen um Null Grad über graue Tage mit Dauerregen bis hin zu frühlingshaftem Sonnenschein war alles in der ersten Monatshälfte schon vertreten.
Dazu kommen auch auf der Temperaturseite gewaltige Sprünge: In den Nächten tritt häufig noch Boden- und Luftfrost auf, tagsüber klettern die Thermometer dann aber zügig nach oben und erreichen in den Nachmittagsstunden Werte um 20 Grad.
Und in der zweiten Monatshälfte ist da sogar noch weit mehr drin, denn „Sommertage“ mit einem Maximum von 25 Grad und mehr hat es im April fast überall in Deutschland schon gegeben, im Südwesten sogar vereinzelt schon mal „Heiße Tage“ mit mehr als 30 Grad.
Ursache des Aprilwetters
Doch was ist die Ursache dieser Sprunghaftigkeit, was unterscheidet den April aus meteorologischer Sicht von anderen Monaten? Die Antwort findet sich nur, wenn man den Blick auf die gesamte Nordhemisphäre weitet und zugleich auch die höheren Luftschichten mit einbezieht.
Betrachtet man den Temperaturverlauf auf der Nordhalbkugel seit dem Beginn des Jahres, so hat sich im Polargebiet dank fehlender Einstrahlung ein immer größerer Vorrat an Kaltluft aufgebaut. Erst im Laufe des März steigt die Sonne nördlich des Polarkreises am Himmel langsam höher und beginnt damit, eine positive Energiebilanz aufzubauen.
Weiter südlich hat dies jedoch schon Wochen vorher begonnen, in subtropischen Breiten wie etwa der Mittelmeerregion hat sich bereits ein beachtlicher Wärmepool entwickelt.
Der Kontrast zwischen Nord und Süd hat nun also besonders hohe Werte eingenommen und so werden die im April gar nicht ungewöhnlichen Temperatursprünge verständlich: Erreichen mit nördlichen Winden Kaltluftmassen Mitteleuropa, erleben wir späte aber heftige Wintereinbrüche, dreht die Strömung dagegen auf Süd, beschert uns südländische Warmluft verfrühte Sommergefühle. Und auch, wenn die so unterschiedlich temperierten Luftmassen nicht direkt zu uns strömen, sondern etwa auf dem Atlantik in Kontakt geraten, hat das Folgen für unser Wetter: Starke Tiefdruckwirbel entstehen, die viele Wolken, Regen, Wind und sogar Sturm nach Deutschland schicken können.
Starker winterlicher Polarwirbel
Von großer Bedeutung für die Strömungsverhältnisse in den mittleren Breiten, in denen viele Teile Europas liegen, ist jedoch das nahende Ende des winterlichen Polarwirbels. Er entsteht etwa ab Ende November in höheren Luftschichten über dem nördlichen Polargebiet, ist angefüllt mit kalten Luftmassen und dreht sich mit der Erdrotation von West nach Ost. Ist er gut ausgeprägt, so wie häufig in den vergangenen Wintern, verstärkt er die Westwindzone, die etwa in Höhe des 60. Breitengrades verläuft, erheblich.
In der Folge ziehen immer neue Tiefdruckgebiete vom Atlantik kommend nach Mitteleuropa, so wie wir das im Februar 2022 erlebt haben. Je höher die Sonne jedoch über der Nordhalbkugel steht, um so mehr schwächt sie diesen Polarwirbel ab, der sich spätestens im Mai auflöst.
Doch im April gerät er häufig schon ins Taumeln, verschiebt seinen Schwerpunkt oder zerfällt in zwei Teile. Genau dies hat dann auch Konsequenzen für das Wetter in Deutschland, denn je nach der Schwankung des Polarwirbels erleben wir die unterschiedlichsten Witterungsverläufe: Setzt sich ein abgespaltene Teil des Polarwirbels über Nordwestrussland fest, lenkt er auf seiner Westflanke eisige Kaltluft bis weit nach Süden. Wird der gesamt Rest des Wirbels in Richtung Island verschoben, aktiviert das die Westwindströmung und führt zu einem feucht-kühlen Wettertrend in Deutschland.
Oder aber, der umgekehrte Fall tritt ein, weil der Polarwirbelrest in Richtung Alaska verschwindet und den erlebten wir rund um Ostern: Eine breite Hochdruckzone dehnte sich von Island über das Nordmeer bis nach Russland aus und unterbindete dort fast jegliche Tiefdruckentwicklung. In der Folge lag Deutschland auf der Südseite des Hochs in einer östlichen Strömung, mit der trockene aber noch recht kühle Festlandsluft einströmte; ihr verdankten wir unser sonniges Osterfest.
Doch auch die weitere Entwicklung bei solch einer, wie es die Meteorologen nennen, „völlig gestörten Zirkulation“ ist für aprilmäßige Überraschungen gut: Oft entstehen dann nämlich über dem Mittelmeer und vor der südwesteuropäischen Küste kleine aber beständige Tiefs, die nach und nach auch in Deutschland zu wechselhafterem Wetter führen. Selbst mit Hilfe modernster Wettersimulationen sind diese Entwicklungen nur schwer vorherzusagen und der April bleibt auch in dieser Lage seinem Ruf treu: Er macht doch was er will.