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Wie ist es um die Länge der Jahreszeiten bestellt? Stimmt die schlichte Vermutung, sie seien einfach alle Vier gleich lang oder ist der Sommer tatsächlich länger als der Winter?

Die Jahreszeiten haben einen immensen Einfluss auf unser Lebensgefühl: Der Zeit des Neuanfangs und des Aufbruchs im Frühling folgt die Phase der Reife und der Beständigkeit im Sommer. Mit dem Herbst verbinden sich die Ernte und der beginnende Abschied, der Winter steht für Stillstand und scheinbare Leblosigkeit.

Während sich im Frühling und im Herbst die Veränderung in unserer Umwelt fast täglich erleben lässt, kann im Winter wie im Sommer ein Gefühl der gleichförmigen Andauer entstehen, so als würden diese Jahreszeiten niemals enden. Was wir im Winter in vielen Fällen nicht sehr schätzen, was sogar zu anhaltender Apathie und Antriebslosigkeit führen kann, lässt uns den Sommer manchmal als endlosen Höhenflug erleben.

Im Sommer hat die Sonne die größte Intensität

Dass wir überhaupt diese Jahreszeiten erleben, verdanken wir unserer geographischen Position auf der Erdkugel: In der Nähe des Äquators und auch an den Polen gibt es sie nicht. Nur in den mittleren Breiten führt die Neigung der Erdachse gegenüber der Ebene ihrer Umlaufbahn um die Sonne, sie beträgt derzeit etwa 23,5 Grad, zu diesen Folgen.

So ist die Nordhalbkugel der Erde im Sommer unserem Zentralgestirn zugeneigt, die Sonne steht tagsüber lange und hoch am Himmel, der Energieeintrag pro Quadratmeter ist sehr groß. Genau umgekehrt ist die Situation im Winter mit tiefem Sonnenstand, kurzen Tagen und Energieverlusten im Verhältnis zwischen Ein- und Ausstrahlung.

Im Winter ist uns die Sonne am nächsten

Aber noch ein weiterer Faktor beeinflusst unsere Jahreszeiten ganz erheblich – es ist der Abstand zwischen Erde und Sonne. Denn anders als viele Menschen annehmen und auch anderes, als es in vielen vereinfachten Graphiken dargestellt wird, bewegt sich unser Globus nicht auf einer Kreisbahn um die Sonne, sondern in einem Oval. Diese elliptische Form weicht zwar nur etwas von der kreisrunden ab, doch der Unterschied in Kilometern ist schon beeindruckend:

Beträgt der Abstand zwischen unserem Planeten und der Sonne im sonnennächsten Punkt der Erdbahn (Perihel) rund 147 Millionen Kilometer, so wächst er im sonnenfernsten Punkt (Aphel) auf 152 Millionen Kilometer an. Immerhin ein Unterschied von 5 Millionen Kilometern; bedenkt man, dass der Abstand zwischen Erde und Mond nur 384.000 Kilometer beträgt, so schwankt die Entfernung der Erde von der Sonne um etwa das 13fache der Erde-Mond-Distanz.

Eine direkte Folge für die Temperaturen auf der Erde hat diese Schwankung dennoch nicht, die einfache Vermutung, je näher an der Sonne, desto wärmer müsse es auf der Erde werden, ist falsch. Entscheidend für Erwärmung oder Abkühlung ist tatsächlich, wie oben beschrieben, die Höhe des Sonnenstands am Himmel und der dadurch bedingte Energieeintrag.

Dass die Entfernung von der Sonne dabei keine wesentliche Rolle spielt, lässt sich sehr gut an den derzeitigen astronomischen Verhältnissen zeigen: Ihren sonnenfernsten Punkt auf der Umlaufbahn erreicht die Erde im Sommer der Nordhalbkugel Anfang Juli, ihren sonnennächsten mitten im Winter, am 4. Januar.

Kepler formulierte die Gesetze der Planetenbahnen

Während also die Temperaturverhältnisse davon kaum beeinflusst werden, steht die Dauer der Jahreszeiten damit in direktem Zusammenhang. Seitdem Johannes Kepler Anfang des 17. Jahrhunderts seine berühmten Lehrsätze formulierte wissen wir, dass die Bahngeschwindigkeit eines Körpers, der sich in einer Umlaufbahn um ein Gravitationszentrum befindet, mit seiner Entfernung von diesem verändert – je größer die Entfernung, desto geringer die Geschwindigkeit.

Das bedeutet, dass sich die Erde im Sommer unserer Nordhalbkugel wesentlich langsamer auf ihrer Bahn fortbewegt als im Winter. Eine Tatsache, die sich schon mit einem einfachen Blick auf unseren Kalender belegen lässt: Die Zeitspanne vom Frühlingsbeginn am 21. März bis zum Herbstanfang am 23. September ist rund eine Woche größer als ihr winterliches Gegenstück. So beruht unserer Empfinden eines endlos langen Sommers durchaus auf astronomischen Fakten.

Auch der Klimawandel verschiebt die Jahreszeiten

Doch auch der Klimawandel, der in den vergangenen Jahrzehnten den Vegetationsbeginn in unserer Klimazone um über eine Woche nach vorne gerückt hat, spielt bei dieser Wahrnehmung eine wichtige Rolle. Sorgt er doch auch dafür, dass immer früher im Jahr die Grillsaison, die Zeit der Gartenpartys und des Schwimmens in Badeseen und Freibädern beginnt.

Allerdings ist auch im Weltraum alles in stetem Wandel und so ändern sich auch nach und nach die Daten des Erdumlaufs. Der Aphel bleibt nicht auf Dauer im Nordsommer und der Perihel nicht immer im Nordwinter. Auch auf der Südhalbkugel, auf der die Verhältnisse ja derzeit genau umgekehrt sind, kommt man irgendwann in den Genuss von langen Sommern und kurzen Wintern und wird das als verdienten Ausgleich empfinden.

Allerdings wissen wir ja aus leidvoller Erfahrung, wie viel Geduld beim Warten auf die himmlische Gerechtigkeit gefragt ist – im Falle der Erdbewegung um die Sonne dauert es nur noch kurze 11.000 Jahre, bis man sich im Süden auf der astronomischen Gewinnerseite fühlen darf.



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